Was ein Schnittmuster mit Kombinatorik verbindet

Wie ging das doch gleich nochmal mit der Kombinatorik? Ja, ich brauchte einen Moment, bis mir das Fachwort für „auf wieviele verschiedene Möglichkeiten lässt sich etwas kombinieren“ wieder eingefallen ist. Lange ist es her. Und nach einer Weile kommen auch ein paar – zwar wenige, aber immerhin – Halberinnerungen wieder hoch. Irgendwas war da ja noch mit der Differenzierung zwischen den Fällen, wo Wiederholungen möglich sind und solchen, bei denen das nicht Möglich ist. Mit oder ohne Zurücklegen. Letzteres ist der Fall, wenn man 4 verschiedene Eissorten hat, die man auf 4 Kinder verteilen möchte. Wenn man Kind 1 das Vanille-Eis bekommt, kann eben diese Sorte nicht mehr für Kind 2, 3 und 4 in Frage kommen. Erkläre ich mir gerade selber. Ich erinnere mich des Weiteren, dass ich Kombinatorik, sowie Wahrscheinlichkeitstheorie und ähnliches sehr gemocht habe, weil es einfach so Sinn macht. Was jetzt nicht heissen soll, dass ich darin besonders gut war. Ab einer bestimmte Materientiefe tauchten dann meine Leistungen zugegebenermassen im exponentiellen Minuswachstum unter die Befriedigend-Marke. An dieser Stelle mag ich mich auch daran erinnern, wie ich bei gewissen Fällen ungläubig und halbbelustigt meinem Lehrer zugehört hatte und mir ganz und gar nicht sicher war, ob er uns nur verulkt.

Zum Beispiel beim Ziegen- oder Drei-Türen-Problem (auch diesen Ausdruck fand ich dank Google und den Wörtern aus meiner Erinnerung „Wahrscheinlichkeit“ und „der Preis ist heiss“). Ihr müsst da jetzt mit mir durch: Wer mag sich noch an die Sendung „Der Preis ist heiss“ oder „Geh aufs Ganze“ erinnern? In dieser Show wurde jeweils ein Kandidat ausgewählt, welcher sich für eine von drei Türen entscheiden musste. Hinter einer Türe befand sich der Hauptgewinn, hinter den beiden anderen Türen befand sich der Zonk/die Ziege/die Niete. Der Moderator selber wusste wo was war. So, nun entschied sich der Kandidat nun zum Beispiel für Türe Nr. 1. Der Moderator öffnete daraufhin daraufhin eine der beiden anderen Türen – sagen wir Tür Nr. 2 – wo sich eine der beiden Nieten befand. Daraufhin stellt er den Kandidaten vor die Wahl seine Entscheidung zu ändern und Tür Nr. 3 (statt 1) zu wählen. So und nun kommt die Stelle wo ich ungläubig lächelnd jedem zuhöre, der mir das zu erklären versucht: nämlich, dass der Kandidat nun besser fährt, wenn er seine Entscheidung nun tatsächlich ändert und Tor Nr. 3 wählt. Und zwar beträgt die Gewinnchance für den Hauptgewinn bei dieser Türe Numero 3 nun 2/3. Umgekehrt bedeutet das, dass wenn er nicht wechselt und bei Türe 1 bleibt, seine Gewinnchancen nur 1/3 sind.

Natürlich habe ich das jetzt etwas grob zusammengefasst und diese Problemaufgabenstellung ist nur unter bestimmten Rahmenbedingungen und Zusatzannahmen richtig. Trotzdem. Ich sitze gerade am Schreiben und lächle schon wieder ungläubig vor mich hin. Kontraintuitiv, ein sehr schönes Wort. Und so passend. (Kurze Fotopause zum Verschnaufen.)

Wie komme ich eigentlich darauf und worauf will ich hinaus? Ich hatte vor einiger Zeit mal wieder ein richtiger Stoff-Schnittmuster-Match-Geistesblitz. Das Ileana Kleid von Compagnie M. aus den in warmen orangetönen gehalten Biobaumwoll-Popeline „Shool of Fish“ von Birch Fabrics und „Spot on“ von Monaluna (beide GOTS-zertifiziert)! Das Kleid ist typisch für Compagnie M. im Retro-Stil geschnitten. Und ebenso typisch sind die vielzähligen Möglichkeiten, die das Schnittmuster mit sich bringt! Merkt ihrs? Hier kommt nämlich die erwähnte Kombinatorik ins Spiel. Es gibt nämlich:

 

  • 4 verschiedene Oberteile (Ärmellos, Kappärmel, Raglanflügelärmel, kurze Raglanärmel)
  • 2 Rockvarianten (Glockenrock, Tellerrock)
  • 7 Kragenmodelle (runder Bubikragen, länglicher Bubikragen, Kragen mit Zierschleife, alle jeweils als ganzer oder halber Kragen, sowie einen Blumenkragen)
  • 4 falsche Knopfleisten (gar keine, kurz, gleiche Länge wie Oberteil oder lang)
  • 3 Taschenformen (in der Seitennaht, tropfenförmige Taschen, dreieckige Taschen)

Wer weiss noch, wie man nun die Anzahl Möglichkeiten berechnet? Genau, so schwer ist das nämlich gar nicht und ist mir  nach einigem Auseinandersetzen mit der Thematik auch wieder eingefallen, hm. Rechnet mit und staunt:

 

4x2x7x4x3 = 672

 

672 verschiedene Möglichkeiten ein Kleid zu nähen bekommt ihr also mit nur einem Schnittmuster! Und dabei habe ich die Möglichkeiten einzelne Komponenten wie z.B. die Taschen ganz wegzulassen oder eigene Anpassungen nicht in Betracht gezogen. Irgendwie kontraintuitiv, aber ich habe mir das Ergebnis von einem Dr. Ingenieur prüfen und bestätigen lassen.

 

Meine eine Variation (1/672), welche ihr hier auf den Fotos seht ist übrigens folgende:

  • Oberteil Ärmellos
  • Tellerrock
  • länglicher Bubikragen, ganzer Kragen
  • kurze Fake-Knopfleiste
  • Taschen in der Seitennaht

Im Rücken wird das Kleid in allen Fällen mit einem Nahtreissverschluss geschlossen. Ebenso wird das Oberteil (in fast allen Varianten) vollständig gefüttert.

In der gut gegliederten Anleitung findet ihr übrigens von den einzelnen Optionen jeweils ein Foto, das war für mich bei der Zusammenstellung sehr hilfreich. Das Schnittmuster selber bekommt ihr beim e-Book als A0 und als A4, jeweils je einmal ohne und einmal inklusive Nahtzugabe.

Na, wer liest noch mit?

Bei der Stoffauswahl war es für mich ja sofort klar. Dieser orange Fisch-Stoff in Kombination mit den weissen Punkten auf hellorangem Stoff passt wunderbar zusammen und erst recht zu diesem Retro-Kleid. Wenn man übrigens die Tellerrock-Variante wählt, empfiehlt es sich, ein Stoff ohne ausgeprägtem Muster zu wählen, nicht dass da ein Muster an den Rockseiten einem um 90grad verdreht entgegenschaut. Bei meiner Stoffwahl also kein Problem. Aber der Tellerrock lohnt sich, er schwingt so wunderbar schön!

 

 

Liebe Grüße,

Franzisca von brennnesselein [https://www.brennnesselein.ch/]

 

 

Stoffe:

School of Fish von Birch (GOTS) https://www.yingdesign.ch/produkte/stofftyp-17/baumwolle-163/birch-bio-popeline-school-of-fish-orange-gots-3240

Spot on von Monaluna (GOTS) https://www.yingdesign.ch/produkte/stofftyp-17/baumwolle-163/monaluna-bio-popeline-spot-on-gots-3244

 

Schnittmuster:

Ileana Dress von Compagnie M. [https://compagnie-m.com/product/the-ileana-dress/], als Papierschnitt erhältlich bei YingDesign unter https://www.yingdesign.ch/produkte/naehzubehoer-29/schnittmuster-199/campagnie-m-papier-schnittmuster-the-ileana-dress-children-1-10-jahre-3533

 

 

 

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2 Kommentare bei „Was ein Schnittmuster mit Kombinatorik verbindet“

  1. Heidi B.J. AESCHLIMANN sagt: Antworten

    Das ist ja wieder ein Meisterwunderwerk in Sachen Herstellung, Kombination, fotomässig und literarisch . Alles ausgelöst durch diese wunderschönen Stoffe. Vielen Dank und ich freu mich auf weitere Stoffe die Du wieder auf ganz schöne Art weiterverarbeitest .
    Heidi AESCHLIMANN
    Joy of Deco

    1. Rosina Löhrer sagt: Antworten

      Liebe Heidi,

      Vielen Dank für deinen tollen Kommentar! Es ist so schön zu wissen, dass unsere Blogbeiträge dir Freude machen können. Franzisca wird immer wieder bei uns Blogs schreiben mit ihren künstlerischen Ideen und Fotos. 😉

      Liebe Grüsse,

      Rosina

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