Kette und Schuss mit Kuller

Mein Interesse wurde sofort geweckt, als ich vor einiger Zeit das erste Mal von Double Gauze gelesen hatte. Weich sollte sie offenbar sein, kuschelig. Dass dieser Gaze-Stoff aus zwei Baumwollschichten besteht und ursprünglich aus Japan stammt, habe ich hier von Rosina erfahren. Während meiner weiteren Recherchen im Netz las ich nur viel Gutes über den neuen Stoff und ich bemerkte, wie es mich beim Lesen in eine angenehme, leicht schwerelose Babyfreudefrühlingsfrischekuschelpastellwäsche-Stimmung versetzte.

 

Meine Neugier wollte, ja musste nun natürlich gestillt werden. Klang es doch sehr nach einem Feel-Good-Stoff (Achtung Spoileralarm: ist es.) und davon kann man ja fast nie genug haben! Ich beschloss also, eines meiner aktuellen Nähprojekte – ein Probe-/Designnähen für ein Kleid – aus diesem interessanten Doppelgewebe anzufertigen. Und da ich ja schon beim Stoff ein für mich neues Gebiet betrat, entschied ich mich auch farblich und vom Muster her für einen neuen Stil. Meine Wahl fiel schlussendlich auf die helle bio-Double Gauze „Warp and weft“ in braun von Cloud9. Das Muster erinnert im weiteren Sinne – wie der englische Namen ja sagt –  an das Webbild der Kett- und Schussfäden Gewebebindung.

 

Als ich das Paket endlich in den Händen hielt und den in Seidenpapier verpackte Stoff fast ehrfürchtig – Stoffliebhaber verstehen dieses Gefühl – vorsichtig auspackte, war ich überrascht! Der Stoff fühlte sich weich und kuschelig an und trotzdem anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Irgendwie fluffig und mit einer ausserordentlich angenehmen Haptik.

 

Die Stoffempfehlung für das zu nähende Kleid sieht eigentlich einen gut fallenden, fliessenden Stoff vor. Nun überkamen mich doch plötzlich ein paar Zweifel, ob die Double Gauze mit ihrem Stoffgewicht von 140g/m dafür wirklich die richtige Wahl war. Probieren geht ja bekanntlich über studieren und so legte ich einfach los. Wie stets empfohlen, wird einem auch hier geraten den Stoff vor dem Nähen zu waschen. Ehrlich gesagt handhabe ich dies individuell verschieden, je nach Projekt und Material. Viel zu gross ist oft auch die Ungeduld. Aber von meinem Stoffgefühl her hatte ich hier wirklich die Befürchtung, dass die Double Gauze spürbar eingehen könnte. Bevor ich sie also aber ab in die Waschmaschine steckte (Wolle/Feines 30Grad), faltete ich das Tuch in der Hälfte und nähte zur Sicherheit die offenen Kanten mit einem grosszügigen Zickzackstich zusammen, um ein grösseres Ausfransen und Verziehen zu verhindern.

 

Als ich den gewaschenen und an der Luft getrockneten Gaze-Stoff ausbreitete, um ihn gemäss Schnittmuster zuzuschneiden, habe ich mir ziemlich schnell an den Kopf gefasst und über mich selber geflucht. Hatte ich doch in meiner grossen Bestelleuphorie nicht auf die Breite von110cm geachtet! Nun gut, Improvisation ist gefragt. Ich studierte, legte das Schnittmuster in X verschiedenen Variationen aus, machte aus einem Bruch zwei Schnittteile, kürzte den Rock um ein paar wenige Zentimeter und entschied mich, das Vorderteil mit einer Knopfleiste zu nähen. Ein wenig Bammel hatte ich wie immer bei Knopfleisten. Aber im Endeffekt war es – wie so oft – gar keine grosse Sache, ja ich finde sogar, dass diese Knopflöcher in diesem Stoff mir besonders gut gelungen sind. Und als Belohnung gab’s zusätzlich dieses kleine Gefühl der Befriedigung. Ganz aufgegangen ist mein Stoffpuzzle im Endeffekt dann doch nicht und so brauchte es nochmals eine kleine Nachbestellung. Aus den fast letzten Stoffschnippelchen nähte ich mir schliesslich noch 5cm breite, im 45grad Winkel zum Fadenlauf geschnittene Stoffstreifen zusammen (ich liebe meinen Patchworklineal!) und stellte mir daraus noch das passende Schrägband für den Halsausschnitt her.

 

 

Der Stoff lässt sich sehr einfach vernähen und ich empfand ihn trotz seiner Weichheit als gar nicht flutschig. Das fertige Kleid ist sehr angenehm zu tragen, luftig und (einmal mehr brauche ich dieses hier so passende Adjektiv) weich auf der Haut. Und auch trotz des nicht speziell leichten Stoffgewichts fällt er auch bei diesem Kleiderschnitt noch ganz gut!

 

Da das Kleid gemäss Schnittmuster im Vorderteil unterteilt ist habe ich die Naht gleich noch mit dem schönen Band, mit welchem das Stoffpaket geschnürt war, betont und damit auch gleich das weitere Farbkonzept gesetzt: blau. Die Knöpfe waren ein Zufallstreffer und mir gefällt, dass sie mit ihrer blau-melierten Struktur ziemlich perfekt zum Stoffstil passen.

 

 

Ich mag es, Kleider mit Leggings zu tragen, ich bin kein Strumpfhosen-Typ. Da ich solche nur in der Farbe Schwarz und eine in Olivgrün besitze, war mir schon sehr bald klar, dass ich mir noch passende Leggings dazu nähen möchte. Auf der Suche nach einem idealen Jersey fiel meine Entscheidung ziemlich spontan auf den GOTS-zertifizierten Biojersey „Kuller“ in marineblau von Stoffonkel. Diese kleinen Kuller sind nämlich ebenso schlicht mit einem Strich gezeichnet, wie die „Warps and Wefts“ bei der Double Gauze. Schliesslich wissen wir ja schon vom Fussball her, dass das Runde zum Eckigen passt oder so…

 

 

Liebe Nähgrüsse,

Franzisca von brennnesselein

 

 

 

 

 

Stoffe:

Double Gauze „Warp and Weft“ braun (Cloud9, GOTS-zertifziert)

https://www.yingdesign.ch/produkte/stofftyp-17/double-gauze-192/cloud9-bio-double-gauze-warp-and-weft-braun-gots-3367

 

Biojersey „Kuller“ marineblau (Stoffonkel, GOTS-zertifiziert)

https://www.yingdesign.ch/produkte/stofftyp-17/jersey-stoffonkel-195/stoffonkel-biojersey-kuller-marineblau-gots-3386

 

 

Schnittmuster:

„Prachtmädchen“ von Nähkind (e-Book)

http://www.naehkind.de/epages/80147631.sf/de_DE/ObjectPath=/Shops/80147631/Products/23

 

Blog „Brennnesselein“:

https://www.brennnesselein.ch/2017/02/16/prachtmädchen-iii/

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